

AK und ÖGB sorgen dafür, dass sich Österreich zum modernen, vorbildlichen Sozialstaat entwickelt: Das Sozialversicherungsrecht tritt 1956 in Kraft, es folgen das Mutterschutzgesetz und Verbesserungen bei Karenz und Kinderbeihilfe. Zunächst gelingt es die Arbeitszeit auf 45 Stunden zu verkürzen, nach einem Volksbegehren wird die 40-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich bis 1975 etappenweise eingeführt. Parallel dazu steigt der Mindestanspruch auf Urlaub, und der Nationalfeiertag wird arbeitsfrei.


Weil die Preise so stark steigen, baut die AK eine Einkaufsberatung auf und beginnt mit Preisinformationen. Der Konsumentenschutz als Aufgabe der Arbeiterkammern ist geboren.

Die Ausstellung „ Schutz dem Konsumenten“, die im Messepavillon die „Hilflosigkeit der Verbraucher bei Einkäufen“ zeigt, besuchen 20.000 Wienerinnen und Wiener. Der Verein für Konsumenteninformation entsteht als sozialpartnerschaftliche Einrichtung.




Technische Neuerungen
Langlebige Konsumgüter zeigen, dass die Krisenzeit überwunden und ein bescheidener Wohlstand eingekehrt ist.


Fernsehen wird beliebt: Man sieht den „Aktuellen Sport“ mit Edi Finger, Zeit im Bild, Heinz Conrads und die Siege Toni Sailers bei den Olympischen Spielen 1964.

geboren 1936
Maschinenschlosser
geboren 1938
Verkäuferin
geboren 1962
Max, Anna und Julie





Max ist gelernter Maschinenschlosser. Er bildet Lehrlinge aus und freut sich über die Verbesserungen in der Arbeitswelt. Er ist überzeugtes Gewerkschaftsmitglied, weil er meint, dass nur gemeinsam etwas weitergehen kann.
Im Vergleich zu früher kann sich Max heute um vieles mehr leisten: Er geht mit Anna ins Kino, manchmal auch zum Heurigen. Gerade hat er mit seiner Familie eine neue Wohnung am Stadtrand in Kagran bezogen – mit Balkon. Dafür hat er bei der Arbeiterkammer ein Darlehen bekommen. Max ist das Familienoberhaupt. Er entscheidet, welche Schule die Kinder besuchen, ob er ein Auto kauft oder ob Anna Weiterbildungskurse besucht.


Auch Max streikt im Mai 1962 mit den Metallern. Es ist der größte Streik seit Kriegsende. Die Arbeiterinnen und Arbeiter fordern nicht nur eine Lohnerhöhung, sondern auch arbeitsrechtliche Verbesserungen und die Abschaffung der diskriminierenden Frauenlohngruppen.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit?



Max will Autofahren lernen und den Führerschein machen. Er besucht die Fahrschule des bfi.
Am Drivotrainer wird er ohne Gefahr an einem Fahrsimulator die Bedienung des Fahrzeugs erlernen.


Anna arbeitete früher in einem Feinkostladen. Ihr erstes Kind kommt 1959 zur Welt. Da musste sie noch kündigen, um bei ihrem Kind zu Hause bleiben und Arbeitslosengeld zu bekommen. Als Julie 1962 auf die Welt kommt, ist das nicht mehr notwendig. Anna bekommt 500 Schilling Geburtenbeihilfe und ein Jahr lang Karenzgeld. Die Familienbeihilfe wird 14x im Jahr ausgezahlt.
Auch die Säuglingsbeihilfe 2x jährlich hilft sehr. Mit der neuen Wohnung so weit draußen am Stadtrand in Kagran ist Anna nicht so glücklich. Sie wollte lieber in der Stadt bleiben. Aber weil zumindest die Kinder ihr eigenes Zimmer haben, freundet sie sich mit der Situation an. Ihre Mutter hilft ihr sehr und passt oft auf die Kinder auf.


Die Hausarbeit ist nicht mehr so anstrengend wie für ihre Eltern. Bügeleisen, Kühlschrank und Staubsauger hat sie schon, die nächste Anschaffung soll eine Waschmaschine sein. Sie ist überzeugt, dass Max ihr bald eine kaufen wird. Trotzdem ärgert sie sich über ihn: Er hilft ihr nie bei der Hausarbeit.
Aber er legt sich auch nicht quer, dass sie am BFI Kurse besuchen will um Stenotypistin zu werden. Sie will den Aufstieg ins Angestelltenverhältnis schaffen. Erst durch die Familienrechtsreform Anfang der 70er wird Anna ihrem Mann rechtlich gleichgestellt sein.


Julie geht in den Kindergarten, besucht Volks- und Hauptschule. Sie ist eine sehr gute Schülerin und erlebt eine unbeschwerte Kindheit. Mit ihren Freundinnen ist sie viel draußen. Am Samstagabend darf sie mit der Familie fernsehen. Der schwarz-weiß-Fernseher ist der Stolz des Vaters. Er ist es auch, der will, dass sie eine Lehre als Bürokauffrau macht.
Aber ihre Mutter besteht darauf, sie in eine höhere Schule zu schicken. Die Lehrerin meinte, es wäre das Beste für Julie. So stimmt auch ihr Vater zu, und Julie kann einige Jahre später Lohnbuchhalterin in einer großen Wiener Firma werden.




WAS IN DIESER ZEIT GESCHAH
FÜR SIE ERREICHT

Der Aufstand in Ungarn wird durch die UdSSR niedergeschlagen. 190.000 Flüchtlinge drängen nach Österreich.
Österreich ist frei, aber besetzt.
Die Paritätische Kommission wird gegründet.
USA: Neuer Präsident John. F. Kennedy
Tod von ÖGB-Präsident Johann Böhm. Sein Nachfolger wird Franz Olah.
Die Wiener Stadthalle wird eröffnet. Architekt: Roland Rainer.
Säuglings-, Geburtenbeihilfe- und Karenzurlaubsgesetz wird beschlossen, gilt ab 1961.
Am Bergbau: 45-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich


Bau der Berliner Mauer durch die DDR.
Treffen zwischen US-Präsident Kennedy und UdSSR-Ministerpräsident Chruschtschow in Wien.
Der Metallarbeiterstreik ist der größte Lohnkonflikt seit 1945.
Olympische Spiele in Innsbruck
Hugo Portisch initiiert das Rundfunk-Volksbegehren 1964
Sibirische Kälte in ganz Österreich. Im Klagenfurter Becken werden -28° gemessen
Mord an US-Präsident Kennedy
Die Beatles in Obertauern
Das Raab-Olah-Abkommen zur Sozialpartnerschaft, eine Maßnahme zur Stabilisierung der Löhne und Preise


Weltweite Proteste gegen den Vietnam Krieg.
Udo Jürgens gewinnt den SongContest.
26. Oktober: Nationalfeiertag - erstmals frei und bezahlt.
Der Wiener Gemeinderat beschließt den U-Bahn-Bau.
Der Einmarsch der Warschauer Pakt-Truppen beendet den Reformkurs des Prager Frühlings, Ermordung von Friedensnobelpreisträger Martin Luther King.
Juli 1969: Mondlandung
Der Nationalfeiertag wird arbeitsfrei
AK und ÖBG definieren die Erreichung und Sicherung der Vollbeschäftigung als zentrales Ziel.
Kreisky zum Volksbegehren über die Einführung der 40-Stunden-Woche
43-Stunden-Woche


STUNDEN (ARBEITSZEIT PRO WOCHE, UM 1959)
WOCHEN (BEZAHLTER URLAUB, UM 1965)
SCHILLING (LOHN PRO WOCHE, UM 1963)
SCHILLING (1,6 S PRO KG KARTOFFELN, 1960)
SCHILLING (2,2 S KOSTET 1 STRASSENBAHN-FAHRSCHEIN 1960)

Friedrich Hillegeist
„Unser Hauptziel aber muß es sein, den Menschen das Gefühl sozialer Sicherheit und Geborgenheit zu geben, ohne damit ihre Selbstverantwortung zu beseitigen. Mit einem Optimum an sozialer Sicherheit soll gleichzeitig ein Optimum an persönlicher Freiheit verbunden sein.“
Soziale Sicherheit, August 1959, S. 226
Friedrich Hillegeist, Angestellter, Abgeordneter zum Nationalrat 1945-1962, Zweiter Präsident des Nationalrates 1961-1962, Vizepräsident des ÖGB 1959