






Demokratie im Betrieb: Die überbetriebliche Mitbestimmung ist in den 70ern in der Sozialpartnerschaft etabliert. Die Gewerkschaftsbewegung legt ihren Schwerpunkt nun auf die betriebliche Mitbestimmung. Jugendliche können eine Interessenvertretung in ihren Reihen wählen. Das erste Teilstück des Arbeitsrechts wird kodifiziert und schließlich erreichen AK und ÖGB auch mehr Mitbestimmung für Betriebsräte.


Arbeitskräfte werden gesucht und in Gastarbeitern gefunden. Das Ausländerbeschäftigungsgesetz sichert inländische Arbeitsplätze und verbessert den Schutz für Gastarbeiter. Höchstzahlen werden festgelegt, die Ausländerbeschäftigung an behördliche Bewilligungen gebunden.
1972: Österreich unterzeichnet ein Freihandelsabkommen mit dem Europäischen Wirtschaftsraum.
1977: Eine europäische Freihandelszone wird mit dem Abschluss des Freihandelsabkommens zwischen der EWG und der EFTA Wirklichkeit.

Die Ungleichheit bei der Urlaubsdauer zwischen Arbeitern und Angestellten wird abgeschafft. Mit Beginn 1977 haben alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich Anspruch auf 4 Wochen bezahlten Urlaub, ab 1986 werden es jene 5 Wochen sein, die auch heute noch gelten. Auch die Abfertigung für Arbeiter gibt es erst seit dieser Zeit. Sie wird etappenweise angeglichen.



Die Volksabstimmung vom 5. November 1978 bringt eine knappe Entscheidung von 50,47 Prozent gegen die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks.


geboren 1945
Schweißer
geboren 1947
Angestellte
geboren 1972





Max ist Schweißer in einer großen Fabrik. Er arbeitet im Schichtbetrieb und war auch schon auf Montage. Im Betrieb ist er seit seiner Lehrzeit, auch Anna lernte er in der Firma kennen. Sie war das hübscheste Lehrmädchen. Die beiden haben ihr gemeinsames Leben der Schichtarbeit angepasst. Das geht vor allem deswegen, weil Max´s Mutter, jetzt Mindestrentnerin, immer für sie und die drei Kinder da ist. Als gut ausgebildeter Facharbeiter könnte Max jederzeit in einem anderen Betrieb arbeiten. Er will aber die Firma nicht wechseln.

Max macht den Werkmeisterkurs in der TGA





Anna lernt ihren Max schon in der Maschinenbaufirma kennen. Sie verlieben sich und recht rasch nach ihrer Lehrabschlussprüfung kündigt sich auch das erste Kind an. Max gefällt es, wenn er mit der Kleinen im Kinderwagen spazieren fährt. Die beiden brauchen die Familienrechtsreform nicht, um als gleichberechtigte Partner zu leben. Anna nutzt den einjährigen Karenzurlaub und geht zu jeder Mutter-Kind-Pass-Untersuchung. Nur so bekommt sie die Geburtenbeihilfe, die bei Julie 1972 2.000 Schilling und beim dritten Kind 1982 immerhin 19.000 Schilling ausmacht! Das ist mehr als Max im Monat verdient! Es ist für Anna selbstverständlich, arbeiten zu gehen, sich weiter zu bilden.




Für den Fotoapparat werden zwei 24er Filmrollen gekauft. Das Entwickeln der Fotos ist teuer, aber ein paar Erinnerungen müssen sein.

Vor ein paar Jahren fuhr die damals noch kleine Familie beim organisierten Urlaub der Firma mit dem Bus mit. Jetzt haben alle Kollegen selber Autos und der Kollege, der die Ausflüge organisierte, ist pensioniert. Ein Nachfolger hat sich nicht gefunden. Max möchte, dass seine Mutter ans Meer mitkommt. Die Mindestrentnerin hat Österreich noch nie verlassen. Aber die Oma will nicht. Sie macht lieber Tagesausflüge mit dem Pensionistenverband, weil sie am Abend wieder zu Hause sein will.





Julie ist ein glückliches Kind der 70er. Kindergarten, Volksschule, Gymnasium, Handelsakademie, Matura. Sie wird Buchhalterin werden und als erste der Familie auch beruflich mit PCs zu tun haben. Während ihrer Volksschulzeit besucht Julie den städtischen Hort. Als sie ins Gymnasium kommt, darf sie am Nachmittag schon alleine zu Hause sein. Darauf ist Julie besonders stolz. Zuerst hat Julie vom Kinderzimmerfenster aus den Bau der neuen Donauinsel, später auch der Brigittenauer Brücke verfolgt. Heute geht sie dort joggen, so oft es sich einrichten lässt, immer ihren Walkman bei sich.

Julie kann sich gut daran erinnern, dass dann, wenn sie krank war und fiebernd im Bett lag, ihre Mutter von der Arbeit daheim bleiben durfte. Mama las ihr oft Helmi-Geschichten vor.

Als Jugendliche verbringt Julie nach der Schule die meiste Zeit mit ihren Freundinnen auf der Donauinsel. Dass zu Beginn noch mehr Schotter und Baustellen als Grünanlagen die „Fadennudel“ – wie ihr Vater sagte – zieren, stört die jungen Leute nicht. Ihre Mutter hatte vehement gegen die Verbauung auf der Insel gewettert. Für sie war ein Erholungszentrum am Entlastungsgerinne mit Bademöglichkeit irgendwie auch ein Ersatz für Bibione.

Julies Familie macht mit Max und Anna Urlaub im Annental. Mit drei Kindern kommt den Eltern der günstigere Urlaub gerade recht. Die kleineren Geschwister sind begeistert, nur Julie mault. Wandern und Beeren pflücken interessiert sie gar nicht. Nächstes Jahr wird sie nicht mehr mitfahren.



WAS IN DIESER ZEIT GESCHAH
FÜR SIE ERREICHT

Internationale Währungskrise
Terroranschlag bei den Olympischen Sommerspielen in München
Die Mehrwertsteuer tritt in Kraft
Die Familienrechtsreform bringt die rechtliche Gleichstellung der Frau in der Ehe.
Autofreier Tag, Fristenlösung
Die 40-Stunden-Woche tritt in Kraft
Das Arbeiterverfassungsgesetzt wird 1973 beschlossen und tritt mit 1.7.1974 in Kraft
Entgeltfortzahlungsgesetz:
Lohnfortzahlung bei Krankheit oder Unfall


Franz Klammer wird Olympiasieger, Feuerunfall von Niki Lauda, Einsturz der Wiener Reichsbrücke, Gurtepflicht in Österreich. Das Ausländerbeschäftigungsgesetz tritt in Kraft.
Volksabstimmung über die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Zwentendorf
Der Nationalrat beschließt das Volksanwaltschaftsgesetz; in Kärnten wird die erste zweisprachige Ortstafel aufgestellt.
Rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau in der Ehe, die verheiratete Frau darf nun ohne Zustimmung des Mannes arbeiten gehen
Pflegefreistellungsgesetz
Der Anspruch aus bezahlten Mindesturlaub beträgt 4 Wochen, und erhöht sich nach 20 Dienstjahren auf 5 Wochen.
Insolvenzschutz
Reform der Berufsausbildung
Edi Finger jun wird narrisch in Cordoba
Leopold Gratz zum Einsturz der Reichsbrücke


Eröffnung der UNO-City
Wien wird die 3. UNO-Stadt
70.000 TeilnehmerInnen bei der Friedensdemonstration in Wien.
Papstmesse beim Donauturm.
Gleichstellung der ArbeiterInnen mit den Angestellten bei der Abfertigung; Konsumentenschutzgesetz, Gleichbehandlungsgesetz
etappenweise Verlängerung des Mindesturlaubs von 4 auf 5 Wochen
Das Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz zur Stärkung der Stellung von AufsichtsrätInnen wird beschlossen.


Auseinandersetzung über den geplanten Bau eines Donaukraftwerkes bei Hainburg. Im Dezember besetzen Umweltschützer die Au.
AKH Skandal, Weinskandal
Bundespräsident Kirchschläger zur
Trockenlegen von Sümpfen und sauren Wiesen
Tschernobyl, Lotto in Österreich, Das Konferenzzentrum bei der Wiener UNO-City wird feierlich eröffnet.
Fritz Verzetnitsch folgt Anton Benya als ÖGB Präsident
Der eiserne Vorhang öffnet sich, die Berliner Mauer fällt.
Die Donauinsel ist fertig
Erste Kollektivverträge mit kürzerer Arbeitszeit als 40 Stunden (Metaller, GPA 38,5h)
Fünf Wochen Mindesturlaub für alle
Arbeitskräfteüberlassungsgesetz
Das Urlaubsgesetz tritt in Kraft (1. Etappe)


STUNDEN (ARBEITSZEIT PRO WOCHE, UM 1970)
WOCHEN (BEZAHLTER URLAUB, UM 1976)
SCHILLING (LOHN PRO WOCHE, UM 1976)
SCHILLING (PREIS PRO KG KARTOFFELN, 1980)
SCHILLING (PREIS PRO STRASSENBAHN-FAHRSCHEIN 1980)

Eleonora Hostasch
„Ohne die gesetzliche Mitgliedschaft aller gibt es keine Kammern. Ohne Kammern gibt es keine Sozialpartnerschaft. Darauf ist das politische System der 2. Republik aufgebaut – und zu dieser Demokratie stehe ich. (…) Unsere Aufgabe ist die Vertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir sind ihre Stimme, und wir wollen, daß diese Stimme laut ist.“
AK für Sie, 8/1994
Lore Hostasch, Vizepräsidentin des ÖGB 1983-1991, Vorsitzende der GPA 1989-1994, Präsidentin der AK Wien und Bundesarbeitskammer 1994-1997, Sozialministerin von 1997-2000.